Thema: Systemische Familien-Therapie

Fach: Erziehungswissenschaft/ Psychologie

Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Von der Familientherapie zur systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung
Systemische Familientherapie


„Was mache ich nur mit diesem System?“
oder
„Was würden Sie eigentlich tun, wenn Sie sich nicht streiten müßten?“
2. 1 Modelle der systemischen Theorie
2.1.1 Das Zweikammersystem
2.2. "Kybernetik zweiter Ordnung"
2.3. Narrative Ansätze
3. Zugänge zu familiären Wirklichkeiten: zentrale Methoden
3.1. Die Arbeit mit der Familienskulptur
3.2. Das zirkuläre Fragen
3.2.1 Zur Problemdefinition
3.2.2 Fragen nach problematischen Verhaltensmustern
3.2.3 Fragen nach dem Vergleich
3.2.4 Fragen zum raumzeitlichen Kontext des Problems
3.2.5 "Tratschen in Anwesenheit"
3.2.6 Hypothetische Fragen
3.2.7 Lösungsfragen, Fragen nach Ausnahmen
3.3. Die Arbeit mit Genogrammen
3.4. Das reflektierende Team
3.4.1 Die Schritte der RT-Sitzung
3.5. Die Arbeit mit Schlussinterventionen in der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung
3.6. Geschichten als therapeutische bzw.erzieherisch-fördernde Arbeit
3.7. Die positive oder auch wertschätzende Konnotation
3.8. Das Reframing
4. Schluss
5. Mögliche Klausurfragen
6. Literatur- und Quellenverzeichnis


1. Einführung
Zukünftige ErzieherInnen bzw. HeilerziehungspflegerInnen sollen die Theorie des „Systemischen Denkens“ kennenlernen, um neben den klassischen Lerntheorien weitere Erklärungsmodelle für Verhaltensauffälligkeiten zu erhalten. Des weiteren werden mit dieser Ausarbeitung Interventionstechniken und Kommunikationsstrategien erarbeitet, um professioneller Erziehungssituationen gestalten zu können. Der teilweise recht akademische Text ist
Studierenden in der Oberstufe zu zumuten. Dieses abstrakte Niveau entspricht den intellektuellen Anforderungen an o. g. Berufen im europäischen Wettbewerb mit ähnlichen pädagogischen Berufen im Ausland.


Erklären Sie den Begriff „Systemische Therapie bzw. systemisch-erzieherische Förderung“! Nennen Sie wichtige Vertreter der systemischen Theorie!
"Systemische Therapie bzw. systemisch-erzieherische Förderung" ist die Sammelbezeichnung für eine bestimmte Art des Denkens und Handelns, das vor etwa 40 Jahren mit der Familientherapie einsetzte und sich im Laufe der Zeit von dort her weiterentwickelt hat. Heute wird eher von systemischer Therapie bzw. systemischer Praxis gesprochen, um zum einen zu verdeutlichen, dass es nicht zwangsläufig die Familie sein muss, die im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, zum anderen, dass die Arbeitsfelder neben der therapeutischen bzw.erzieherisch-fördernden Arbeit im Gesundheits- und Sozialwesen auch in Supervision und Organisationsberatung bis hin zur Politik liegen. Der Film soll in das Methodenspektrum dieses weiten Feldes einführen.
In dem folgenden Text soll zunächst ein kurzer Überblick über die Entwicklung von der Familientherapie zur systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung gegeben werden, anschließend werden zu den jeweiligen methodischen Bestandteilen des Filmes kurze vertiefende Erläuterungen gegeben und durch beispielhafte Literaturangaben ergänzt.
„Systemische Therapie bzw. systemisch-erzieherische Förderung betrachtet den Menschen im Zusammenhang mit den ihn umgebenden Systemen .
Es wird nicht mehr nur das Individuum als Symptomträger allein betrachtet und untersucht, sondern das System aller beteiligten Personen als Ganzes, in der Regel die Familie, aber auch Paare und andere soziale Gruppen. In der Abkehr vom linearen Denkmodell , das auf Ursache-Wirkung-Zusammenhängen beruht, zeigt die Familientherapie eine ganzheitliche kreisförmige Betrachtungsweise auf. Gesundheit und Krankheit werden daher in einem neuen Kontext gesehen. Das nach außen sichtbare Symptom (z.B. Schuleschwänzen des Kindes") wird als ein Signal gesehen für Störungen des inneren Gleichgewichts (Homöostase ) im Gesamtsystem.

1.1 Wichtige Vertreter der systemischen Theorie

 Zu den großen Schöpfern und Pionieren der Systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung gehören Virginia Satir, Nathan Ackerman, Don Jackson und Carl Withaker.
Besonders Virginia Satir zeichnete sich durch ihren unorthodoxen und kreativen Stil aus, der für viele Therapeuten zum Vorbild wurde. Diese Pioniere sind nicht in die sich später etablierenden Therapieschulen einzuordnen.
Als wichtige Vertreter einiger bedeutenden Therapieschulen sind zu nennen:
• Minuchin als der heute bekannteste Vertreter der Strukturellen Familientherapie;
• Haley als Vertreter des strategischen Ansatzes; nach Lynn Hoffman zählen Watzlawick, Weakland und Fish zu strategischen Therapeuten;
• Als Vertreter des Mailänder Modells steht Selvini-Palazzoli im Vordergrund; dazu zählen weiterhin M. Wirsching und H. Stierlin;“
Von der Familientherapie zur systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung

1.2 Entwicklung der systemischen Theorie
„Die Systemische Theorie und Therapie entwickelte sich in den 50er Jahren in den USA aus der Arbeit mit schizophrenen Patienten, ihre Wurzeln liegen aber bereits in früheren Ansätzen, vor allem der Psychoanalyse und der humanistischen Psychologie.
Die Palo-Alto-Gruppe um Gregory Bateson, Jay Haley, Paul Watzlawick und andere wichtige Vertreter lieferten einen der ersten bedeutenden Anstöße, das traditionell individuumzentrierte therapeutische Handeln durch ein systemorientiertes zu ersetzen. Ausgehend von Hinweisen aus der Schizophrenieforschung, dass es mögliche Zusammenhänge zwischen psychischen Erkrankungen und dem Kommunikationsstil in der Familie gibt, entwickelten sie ein neues Erklärungsmodell für Schizophrenie. Im Rahmen der "double-bind"Theorie formulierte sie eine Gegenkonzeption zu den gängigen medizinischen bzw. psychoanalytischen Erklärungen dieser Erkrankung. Sie betrachteten Schizophrenie als Kommunikationsstörung. So meinte man, dass in Familien Schizophrener häufig doppeldeutige Botschaften vermittelt werden, deren Widersprüchlichkeit aber so verdeckt oder verleugnet wird, dass er in der Situation nicht erkannt werden kann.
Bateson übertrug kybernetische und informationstheoretische Modellvorstellungen auf menschliches Verhalten, wodurch sich ein völlig neues Verständnis menschlicher Kommunikation und Interaktion entwickelte. Ein wichtiges Erklärungsmodell der Kybernetik ist der Regelkreis mit wechselseitigen Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Übertragen auf menschliches Miteinander heißt dies, dass innerhalb eines Systems wie z.B. einer Paarbeziehung oder einer Familie das Verhalten des einen Menschen (Sender) eine Bedeutung (Botschaft) für die anderen (Empfänger) besitzt und bei denen Reaktionen auslöst, die auf den Sender wieder zurückwirken. Darauf erfolgen neue Reaktionen, und es entstehen Kreisprozesse, die nach speziellen Gesetzmäßigkeiten ablaufen, die jedoch sehr komplex sind, so dass man diese nicht wirklich durchschauen kann.
Ein solcher Interaktionszirkel könnte folgendes Beispiel sein:
- das Kind will nicht ins Bett und quengelt - die Eltern werden ärgerlich und schimpfen - das Kind wird trotzig und schreit - die Eltern antworten mit größerem Ärger und Zwangsmaßnahmen - das Kind steigert sich in heftigen Protest hinein - die Eltern ...
Gegenwärtig liegt eine große Anzahl recht unterschiedlicher Ansätze vor wie strukturellen und formalen Ansätzen sowie dem Mailänder Modell. Neben der Familientherapie gibt es auch die Systemische Einzeltherapie. Diesen Ansätzen ist im wesentlichen gemeinsam, dass sie den Prozessen im engen Sozialfeld des Patienten besondere Aufmerksamkeit schenken und auch auf dieser Ebene therapeutisch intervenieren“ . (...)

1.3 Menschenbild der systemischen Theorie
„Eine Grundphilosophie der systemischen Theorie und Therapie basiert auf der Überzeugung, dass wir Menschen alle Anlagen, um uns vollständig zu entfalten, in uns tragen. Jeder Mensch hat eine Lebenskraft in sich, die als ein "Schatz" gesehen werden kann. Dieser Schatz ist da, selbst wenn der Mensch über Zeiten hinweg nicht in direktem Kontakt mit ihm steht. Menschen werden als grundlegend gut angesehen. Dies bedeutet nicht, dass sie "gut" geboren werden, sondern dass ihren Körpern eine Weisheit innewohnt, wonach sie sich unter günstigen Bedingungen höchstwahrscheinlich zu gesunden Erwachsenen entwickeln können.
Dieser auf Wachsen und Entwickeln orientierte Ansatz unterscheidet sich von dem eher verbreiteten pathologie-orientierten Ansatz, der das Krankheitssymptom in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellt.
Eine weitere wichtige Grundannahme der Systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung ist, dass es keine objektive Realität gibt, sondern, dass jeder Mensch sein eigenes Bild von der Welt schafft und wir daher nie ein vollständiges Bild von der Psyche eines anderen Menschen haben können. Aufgrund struktureller Ähnlichkeiten können wir uns aber dennoch verstehen, auch wenn es nie eine vollständige Übereinstimmung geben kann. Sprache stellt dabei das Mittel dar, mit dem Menschen versuchen, ihre gegenseitige Nicht-Transparenz zu überwinden. Menschen sind also gleichzeitig mit anderen verkoppelt und einsam in ihrer biologischen Struktur gefangen.
Aus dieser Vorstellung, dass wir die Innenwelt eines anderen Menschen nie ganz verstehen können, folgern zwei Grundgebote:
- Akzeptanz: "Achte die Vielfalt menschlicher Welten!"
- Respekt: "Schätze den Anderen im Zusammenleben als ebenbürtig!"
Nennen Sie verschiedene klassische Modelle der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung

2. 1 Modelle der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung

Die Familientherapie entwickelte sich zunächst in verschiedene Richtungen, viele Begründer und Pioniere könnten vorgestellt werden. Da dieses Vorhaben an dieser Stelle die Möglichkeiten übersteigt, sollen beispielhaft einige kurz erwähnt werden.

Salvador Minuchin
Salvador Minuchin und sein Modell struktureller Familientherapie waren sehr berühmt in den 70er und frühen 80er Jahren. Minuchin arbeitete anfangs mit unterprivilegierten Familien (sein erstes Buch war "Families of the Slums") und dann mit Familien mit psychosomatischen Patienten, vor allem magersüchtigen Patienten (Minuchin et al. 1981).
Minuchin sah sich in der gleichen Situation wie ein ethnologischer Forscher, der einen unbekannten Stamm in Afrika untersucht: Jede Familie hat ihre eigene Kultur, der eine jeweils spezifische Struktur unterliegt. Der Therapeut muss zu dieser Kultur Zugang bekommen - "Zugänge zu Wirklichkeitskonstruktionen". Dann, im Unterschied zum Ethnologen, der sich bemüht, die Kultur so zu lassen wie sie ist, geht der Therapeut von dem Veränderungsauftrag der Familie aus und sucht nach Wegen, die Strukturen und damit die Kultur zu verändern. Minuchins Arbeit ist vor allem aufgebaut auf dem Konzept der Grenzen und der Hierarchie :

Wie sind die Grenzen zwischen Eltern und Kindern (Generationsgrenzen)? Wie sind die Subsysteme organisiert (Subsystemgrenzen)? Funktioniert das elterliche Subsystem gut oder ist ein Kind einbezogen? Entscheidet z.B. ein Kind, was zu tun ist, und Vater oder Mutter sind ausgeschlossen (eine sog. "heimliche Koalition")?
Das Minuchin-Modell basiert damit auf einem ausdrücklich normativen Fundament:
Familien funktionieren gut, wenn die Hierarchien intakt sind und wenn die Grenzen weder zu schwach, also diffus (Verstrickung) noch zu starr (Loslösung) sind. Sie sollten balanciert sein.

Der Therapeut kann eine Menge Techniken benutzen, um die Grenzen herauszufordern. Minuchin ist bekannt geworden für seinen provozierenden Stil: "Ah, ich sehe, Du brauchst gar keine eigene Stimme, Du hast ja Deine Mutter, die Deine Stimme darstellt" oder: "Da kommt die Familie wieder, wo die Türen nicht geschlossen sein dürfen!" oder gar: "Wie haben Sie es nur geschafft, sich solche Monster großzuziehen?" (an eine Mutter, die sich gegenüber ihren halbwüchsigen Kindern nicht durchzusetzen traut).

Neben der Unterstützung der Generationsgrenzen arbeitet die strukturelle Familientherapie mit strategischen Allianzen , Rollenumkehr usw.
(..) Es können viele Überlegungen z.B. über Grenzen und Subsysteme bis heute hilfreich sein, die Komplexität des familiären Geschehens zu reduzieren.

Ivan Boszormenyi und Helm Stierlin
Ein anderer Ansatz leitete sich von der psychoanalytischen Denkweise ab. Ivan Boszormenyi-Nagy bzw. in Deutschland Helm Stierlin entwickelten ein Modell, das sich besonders auf inter- generationale Loyalitäten bezieht (Boszormenyi-Nagy und Spark 1981). Die Dynamik von Bindung und Ausstoßung von Familienmitgliedern wurde gesehen unter der Perspektive, wie sich transgenerational "Konten" von Vermächtnissen von Familien führen lassen und die Frage, ob ein Vermächtnis erfüllt wird oder nicht, wird als Kernfrage dafür angesehen, ob jemand aus dem System ausgeschlossen wird oder nicht.
Der Therapeut selbst folgt in diesem Modell der psychoanalytischen Regel, dass der Patient alles sagen sollte, was in seinem Kopf herumgeht, ohne es zu zensieren: "Sprechen Sie so mutig wie Sie können über Dinge, die Sie bislang nicht wagten anzusprechen".

Das Heidelbergermodell von Helm Stierlin
Helm Stierlin und mit ihm seine Arbeitsgruppe haben dieses Modell als "Heidelberger Modell" weiterentwickelt und sich mittlerweile von vielen Vorstellungen (insbesondere den explizit psychoanalytischen) entfernt. Mehr und mehr wurden viele Aspekte neuerer systemischer Therapie bzw. systemisch-erzieherischer Förderung integriert, vor allem vom Mailänder Modell und den Ansätzen der Kybernetik zweiter Ordnung .
Neben anderen war Virginia Satir wichtig für den sogenannten entwicklungsorientierten oder erlebniszentrierten Ansatz (z.B. Satire 1990).
Konzepte aus dieser Richtung orientieren sich an der Humanistischen Psychologie, einem optimistischen Modell des Menschen und der Menschheit selbst: Die Vorstellung, dass der Mensch von Grund auf gut sei und in der Lage, mit den Schwierigkeiten des Lebens Fertigzuwerden in einer Weise, die auf Respekt und Liebe basiert, wenn der Betreffende die Möglichkeit hat, sich wirklich frei zu entscheiden. In ihrem Ansatz ist der Selbstwert einer Person der Schlüssel aller Phänomene unseres geistigen und sozialen Lebens. Eine Person, die gelernt hat sich wertzuschätzen, wird in der Lage sein, kongruent und klar zu kommunizieren und alle Probleme im Respekt für die Freiheit des jeweils anderen lösen. Therapie wird in diesem Konzept gesehen als eine Möglichkeit, Menschen zu helfen, einen stabilen Selbstwert zu entwickeln, so dass sie es wagen können, ihre "wahren Ja's und wahren Nein's" zu sagen, das bedeutet, zu sagen, was sie wirklich meinen und wollen und nicht zu sagen, was sie denken, was man von ihnen erwartet. Eine sehr interessante Technik, die in diesem Ansatz eine große Rolle spielt, die Arbeit mit der Familienskulptur, ist weiter unten beschrieben.
(...)
Mara Selvini Palazzoli schrieb das Buch "Paradoxon und Gegenparadoxon" (1977) es verursachte eine große Irritation im Bereich der Psychotherapie. Denn in diesem Buch wurde behauptet, dass mit Mitteln der Familientherapie auch schwerste psychische Störungen wie Schizophrenie geheilt werden könnten.

„Paradoxe Interventionen
Innerhalb eines Systems wird durch ein bestimmtes Verhalten das Problem immer weiter aufrechterhalten.
BEISPIEL: Versucht eine Person zum Beispiel sich zum Schlafen zu bringen durch den dauernden Gedanken „jetzt muss ich aber einschlafen", verhindert sie gerade durch diesen Gedanken das Einschlafen, d. h. der Versuch der Lösung des Problems (hier: sich per Gedanke zum Einschlafen zu bringen) lässt das Problem immer größer werden (hier: man schläft erst recht nicht ein, da der Körper sich immer schlechter entspannen kann, denn Entspannen ist ein spontaner Prozess).
Eine mögliche Vorgehensweise, diesen Aufrechterhaltungsprozess zu verändern, ist die paradoxe Intervention. Paradoxe Interventionen werden oft in Form einer fallspezifischen „Symptomverschreibung" angewendet, d.h. man unterstützt scheinbar das symptomatische oder ausgesprochen unerwünschte Verhalten, um es einzuschränken oder unter Kontrolle zu bringen.
BEZOGEN AUF DAS BEISPIEL: Man könnte z. B. der Person „verschreiben", in einer solchen Situation zu versuchen, so lange es geht wach zu bleiben oder die Augen geöffnet zu halten.
Durch diese Verhaltensanweisung lenkt die Person ihre Aufmerksamkeit von den „schlafstörenden" Gedanken und schläft dann meistens ganz von alleine ein. Es wird also das unerwünschte Verhalten (Nichtschlafen) „verschrieben" - dadurch wird das eigentlich problematische Verhalten (denken, einschlafen zu müssen) verhindert und das Problem löst sich.

Sei-Spontan-Paradoxie
Ein häufiges Muster innerhalb der Kommunikation zwischen Personen ist nach Watzlawick et. al. die „sei spontan" Aufforderung. Die Problematik, die hinter dieser Aufforderung steckt, sei an einem Beispiel verdeutlicht:
Ein Mann, der von seiner Frau aufgefordert wird „du könntest mich doch auch einmal spontan zum Essen einladen" befindet sich durch diese Aufforderung in einer unlösbaren Situation: lädt er seine Frau nicht ein, so wirft sie ihm weiterhin mangelnde Aufmerksamkeit vor; lädt er sie nun zum Essen ein, wird sie ihm vorwerfen, dass dies ja nur auf ihr Bitten hin geschah und somit nicht spontan von ihm gekommen ist.
Der Mann in dem Beispiel befindet sich also in einer ausweglosen Situation. Einziger Ausweg wäre, der Frau die Unmöglichkeit der Erfüllung dieser Forderung mitzuteilen. Bei gestörter Kommunikation zwischen Personen kann aber dies gerade unmöglich sein.“
HeilerziehungspflegerInnen bzw. ErzieherInnen können ebenfalls Erziehungskommunikationen durch ein Paradox beeinflussen:Ja, wir werden Dir das Decken des Tisches beibringen, wenn Du das nicht (selbst)lernen willst.“

Definieren Sie den Begriff „positive bzw. wertschätzende Konnotation“
Praktisch bedeutete dies, dass die Familien mit einem Schlusskommentar konfrontiert wurden, der meist zwei Elemente enthielt:

- eine positive Konnotation von allem, was die Familienmitglieder taten, indem es als ein Weg definiert wurde, um für den Zusammenhalt der Familie zu sorgen. (Diese sog. positive Konnotation ist nicht so einfach zu bewerkstelligen wie es hier vielleicht klingen mag. Die Konnotationen müssen nachvollziehbar und logisch sein vgl. weiter unten im Text).
- Eine paradoxe Aufgabe für die Familie, die meist in einer "No change"-Intervention besteht, etwa so:
"Im Moment scheint es uns noch zu früh, um ihnen eine Veränderung vorzuschlagen. Wir denken, dass sie zumindest in der nächsten Zeit alles so lassen sollten wie es ist, der Zusammenhalt in der Familie ist im Moment wichtiger als alles andere!"

Hep´s bzw. Erzieher haben im Rahmen von Teambesprechungen, Gesprächen mit Eltern und teilweise auch mit den Educanden die Möglichkeit Gespräche mittels Schlusskommentaren professioneller abzuschließen:“ Frau Meyer im Moment ist es wohl sehr schwierig sich bei Ihrem Sohn durchzusetzen. Vielleicht müssen Sie sich im Moment auf Ihre Tochter konzentrieren.“

In Kombination mit einer anderen zentralen Methode des Mailänder Modells, dem zirkulären Fragen, diente dieser Kommentar als eine Art "kommunikative Bombe" (Kriz 1985) und führte zu dramatischen Veränderungen auch bei schweren und chronischen Symptomen.

MAILÄNDER MODELL
„Mit diesem Begriff ist v.a. ein bestimmtes Setting, also eine bestimmte therapeutische Situation, verbunden, die zur Gruppe der Systemischen Familientherapie gehört. Zwei Therapeuten arbeiten mit der Familie, zwei weitere beobachten den Prozess quasi als reflektierendes Team durch einen Einwegspiegel. Zwischen den beiden Teilteams besteht reger Kontakt während der Sitzungen: So kann ein Therapeut herausgehen, um etwas mit den Beobachtern zu besprechen, oder herausgerufen werden, oder schriftliche Botschaften werden herausgereicht in den Therapieraum (z.B. welche Fragen besser zu stellen sind). Gegen Ende der Sitzungen wird eine Pause gemacht und das gesamte Team bespricht sich in einem Nebenraum und gibt geschlossen eine Definition der Situation oder eine Aufgabe an die Familie weiter. Für den Therapeuten ist es besonders wichtig, sich aus dem Familienspiel herauszuhalten, um nicht selbst ein Teil dieses Systems zu werden, der die Regeln dann zwangsläufig mitspielen müsste, was keine Veränderung bewirken könnte.“
2.1.1 Das Zweikammersystem
Das Mailänder Modell ist auch bekannt für das "Zweikammersystem" der Familientherapie, ein Modell, das inzwischen weltweit kopiert wurde: Zwei Therapeuten (heute meist nur einer) arbeiten mit der Familie, das Team beobachtet das therapeutische System durch einen Einwegspiegel im Nebenraum und achtet darauf, dass der Therapeut die therapeutische Position nicht verlässt (z.B. indem er/sie zu entsprechenden Momenten per Telefon einen Hinweis bekommt oder aus dem Raum gerufen wird). Die Schlussintervention (genauer s.u.) wird i.a. in einer ausführlichen Teamdiskussion hinter der Scheibe entworfen und anschließend der Familie gegeben.

Was wird in der systemischen Theorie unter „Kybernetik zweiter Ordnung“ verstanden?

2.2. "Kybernetik zweiter Ordnung"
(...) Kritisch hinterfragt wurde , wie Therapeuten auf der einen Seite systemisch denken können und sich auf der anderen Seite aber verhalten, als wenn sie selbst nicht Teil des Systems wären. Wenn sie sich nun aber andererseits als Teil des Systems sehen, wie können sie versuchen, das System in einer Weise zu verändern, als seien sie draußen?
(...) Besonders sind hier zu nennen Luigi Boscolo und Gianfranco Cecchin, zwei Mitglieder des Teams von Selvini Palazzoli, die nach der Trennung der Mailänder Gruppe Anfang der 80er Jahre ihre Konzepte veränderten. Beide hatten begonnen, verstärkt in die Ausbildung zu gehen (anders als Selvini Palazzoli, die sich Forschungsfragen widmete). Sie bemerkten in der Auseinandersetzung mit ihren Schülern, dass an privilegierten Instituten entwickelte Modelle nicht ohne weiteres auf jeden beliebigen Kontext übertragbar waren. Dieses, so sagen sie, half ihnen, die invasiven und interventionistischen Teile ihres Modells mehr und mehr loszulassen. Konsequent machten sie Schritte in Richtung auf ein Modell der hilfreichen und sinnvollen Konversationen. Die meisten der jetzt folgenden Modelle bauen auf diesen Gedanken auf (Boscolo et al. 1988).

Welche Veränderungen hat Tom Anderson an dem Zweikammermodell vorgenommen ?

Bedeutsam ist hier Tom Andersen, dessen Arbeit in die gleiche Richtung ging (1990). Er, ein norwegischer Therapeut, war unzufrieden mit dem Setting, welches das Zweikammermodell vorgab. Die exklusive Diskussion des Teams hinter dem Einwegspiegel wurde zunehmend als erniedrigend für die Familie erlebt und eher nicht als ein Kontext, der Kooperation nahe legte. So begann Andersen der Familie zu erlauben, der Diskussion des Teams zuzuhören (die Mikrofone wurden umgestellt, so dass die Familie die Gespräche des Teams im Nebenraum verfolgen konnte). Sie fanden heraus, dass dies alleine bereits große Effekte hatte, und zwar Effekte, die Schlussinterventionen oder paradoxe Kommentare zu erübrigen schienen. So entstand das "Reflecting Team" (RT) als eine alternative Methode zu Konzepten, die Macht des Therapeuten in den Vordergrund stellten, wie das klassische Mailänder Modell oder auch der strukturelle Ansatz. Das RT-Modell sieht Therapie eher als einen Kontext von Kooperation als von Macht. Es wird ein Weg versucht, wie Therapeuten, Team und Familie eng zusammenarbeiten können, um Lösungen für die aktuellen Probleme zu finden. Die Methode des reflektierenden Teams ist im Film kurz dargestellt.

2.3 Narrative (erzählende)Ansätze
(...)
Nicht nur die Sprache allein, sondern die Bedeutungsmuster, die durch diese Sprache vermittelt würden - und dies sind in sozialen Systemen eben Geschichten - bauen Realitäten in Systemen auf. Wirklichkeit besteht aus nichts anderem als Geschichten. Wenn man diesen Vorstellungen folgt, dann kann man fragen, von welcher Art die Geschichten sind, die jemand sich und seiner Umgebung über sich selbst erzählt. Oder es kann, z.B. mit dem australischen Therapeuten Michael White (1989), gefragt werden:

Welchen Geschichten erlaubst Du Dein Leben zu regieren? Willst Du, dass diese Geschichten Dein Leben regieren? Und wenn nicht: Wie kann man diese Geschichtensysteme "dekonstruieren", indem man alternatives Wissen findet, z.B. durch die Suche nach Ausnahmen: Wann hast Du Dich zum letzten Mal erfolgreich geweigert, der Geschichte zu glauben, dass Du immer der Verlierer bist? Wie hast Du das gemacht, diese Geschichte zurückzuweisen? Was war die Einladung und wie hast Du "nein" dazu gesagt? Und wer von all den Menschen, die Dich als Kind gekannt haben, würde am wenigsten erstaunt sein zu hören, dass Du das geschafft hast?

Dieses Vorgehen führt direkt zu den Ressourcen einer Person und konzentriert sich überhaupt nicht auf Defizite.

Welches therapeutische Modell hat Steve de Shazer entwickelt?
Was ist unter dem Begriff „Wunderfrage“ zu verstehen? Welche Interventionsarten enthält
die Wunderfrage?
Steve de Shazer, ein Therapeut aus Milwaukee, USA, entwickelte ein Modell, das er von der üblichen Weise systemischer Therapie bzw. systemisch-erzieherischer Förderung/Familientherapie abgrenzt (z.B.1989). Seine "lösungsorientierte Kurztherapie" geht von der ersten Frage an direkt auf die Lösung und nicht auf das Problem (für eine ausführliche Einführung s. Walter u.Peller 1994).
So kann er z.B. den Patienten, der hereinkommt und sagt: "Herr Doktor, ich habe eine Depression" unmittelbar fragen: "Woher wissen Sie das?" und: "Haben Sie diese Depression den ganzen Tag, 24 Stunden, auch wenn Sie schlafen?" Auch hier geht es darum, nach Ausnahmen zu fragen, damit eine neue Geschichte aufzubauen und die Problemschilderung von der Lösungsseite aus anzugehen. Sein zentraler Satz ist: "Problem talk creates problems, solution talk creates solutions!" ( = Problemorientiertes Gespräch schafft Probleme, lösungsorientes Gespräch schafft Lösungen) oder auch : „Klagen bringt Verzagen – Loben zieht nach oben“

Besonders bekannt geworden ist aus diesem Ansatz die "Wunderfrage", eine andere Form, nach Ausnahmen zu fragen, die noch gar nicht passiert sind: "Wenn das Problem durch ein Wunder plötzlich weg wäre: Was würden Sie am Morgen danach als erstes anders machen? und dann?" Wichtig ist, das, was dann danach passiert, genau zu erfragen: "Was würden Sie danach als erstes anders machen? Und dann? Was würde Ihr Mann/Ihre Frau/Ihr Kind/Ihr Chef anders machen, woran würden Sie wiederum das erkennen? Wie werden diese Menschen auf Ihr verändertes Verhalten verändert reagieren? Wer wäre davon am meisten überrascht? Und wenn dann nach dem Wunder zwei Monate/ein halbes Jahr/fünf Jahre vergangen sind, wie würden Ihre Beziehungen sich dann verändert haben?"
Diese Wunderfrage erzeugt zwei Effekte. Sie ist so unverbindlich, dass man Veränderungen phantasieren kann, ohne sich sogleich für deren Herstellung verantwortlich fühlen zu müssen. Und dann stellt man natürlich fest, dass das, was man nach dem Wunder tun würde, nichts Übernatürliches ist, sondern meistens ganz konkrete handfeste Tätigkeiten, von denen man zumindest z.T. einige auch bereits jetzt vollziehen kann. So kann es dann ggf. auch möglich sein, dass Heilerziehungspflegerinnen einem Angehörigen eines Bewohners vorzuschlagen, sich am Wochenende ,wenn der behinderte Sohn zuhause ist, für eine Viertelstunde am Tag einmal so zu verhalten, als sei dieses Wunder bereits eingetreten.
„Eine Form der systemischen Einzeltherapie sind systemisch-lösungsorientierte Therapien (auch: Kurztherapie), welche auf Steve de Shazer zurückgehen. Kennzeichnend für diese Richtung ist die Konzentration auf mögliche Problemlösungen (und nicht auf das Problem selbst). Lösungen werden erarbeitet, in dem man Ressourcen des Klienten erfragt.
Beispiel:
Wann gab es Zeiten, in denen sie mit dem Problem besser fertig wurden? Wie haben Sie das gemacht? Was war anders?.
Gängig in diesem Zusammenhang ist die Wunderfrage; die sinngemäß lautet:
„Angenommen, eines Nachts, während Sie schlafen, geschieht - obwohl wir wissen, dass es so etwas nicht gibt, - ein Wunder und Ihr Problem ist gelöst. Wie würden Sie das merken? Was wäre dann anders? Wie würden die anderen es merken, ohne dass sie ein Wort darüber gesprochen hätten?"
Neben den vorgestellten Richtung gibt es noch andere Formen der systemischen Einzeltherapie, welche jedoch in Zielsetzung und Vorgehen ähnlich sind.“

Andere Standardinterventionen aus diesem Ansatz sind z.B.
• die Aufgabe in der ersten Sitzung, dass der Klient bis zum nächsten Termin auf die Dinge achten soll, von denen er/sie möchte, dass sie sich möglichst oft ereignen (es wird berichtet, dass in etwa 90% der Fälle Klienten dann von Ereignissen berichten, die sie als positiv erlebten, und über die ansonsten gar nicht gesprochen worden wäre)
• die "Überraschungsintervention": Sie besteht einfach in der Aufforderung, sich "anders" zu verhalten als gewohnt. Einem zerstrittenen Paar kann z.B. die Aufgabe gegeben werden, täglich einmal den anderen völlig zu überraschen, sich also in einem gewohnten Muster überraschend anders zu verhalten (nach Weiss 1988).

Überlegen Sie sich bitte eine weitere berufliche Situation, in der HeilerziehungspflegerInnen mit der „Wunderfrage“ erzieherischen Einfluss nehmen können !

3. Zugänge zu familiären Wirklichkeiten: zentrale Methoden

Nach diesem kurzen Überblick über familientherapeutische Modelle, also über die Wurzeln der unterschiedlichen systemtherapeutischen Methoden, soll im folgenden kurz in einzelne Methoden intensiver eingeführt werden.

„Systemische Therapie bzw. systemisch-erzieherische Förderung - Allgemeines Vorgehen – Inspiration für HEP´s
Das Ziel systemischen Denkens und Handelns - und somit auch der Therapie - wird am besten durch den Satz beschrieben: „Handle stets so, dass du die Anzahl der Möglichkeiten vergrößerst!"
Die systemische Therapie bzw. systemisch-erzieherische Förderung zeichnet sich durch verschiedene Grundprinzipien aus, die sowohl in der Einzeltherapie als auch in der Familientherapie verfolgt werden:
1) die Hypothesenbildung
Es geht bei dieser Interventionsformform nicht darum, die eine richtige Hypothese zu finden. Vielmehr soll eine Vielzahl von Hypothesen auch zu einer Vielfalt von Perspektiven und Möglichkeiten führen, wodurch das oberste Ziel der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung wieder ein Stück erreicht werden soll („Handle stets so, dass du die Anzahl der Möglichkeiten vergrößerst!)
2) die Zirkularität
Zirkuläres Denken im Gegensatz zum linearen Denken ist der Versuch, das Verhalten der Elemente eines Sytems als Regelkreis zu beschreiben, so dass die Eingebundenheit dieses Verhaltens in einen Kreislaufprozess sichtbar wird.
3) die Neutralität
Damit wird die nötige Fähigkeit der Therapeuten beschrieben, für alle Familienmitglieder gleichermaßen Partei ergreifen zu können, die Fähigkeit, die Verdienste jedes Familienmitgliedes (an)zuerkennen und sich mit beiden Seiten ambivalenter Beziehungen identifizieren zu können.
4) die Neugier
Ausdruck von Neugier gehört zu den systemischen Grundhaltungen!
5) die Irreverenz
Den systemischen Therapeuten und Erziehern wird Respektlosigkeit gegenüber jeglicher Ungewissheit empfohlen, allerdings ist Respekt gegenüber dem Menschen sehr wichtig!
6) die Ressourcenorientierung - Lösungsorientierung
Zentral ist die Annahme, dass jedes System bereits über alle Ressourcen verfügt, die es zur Lösung seiner Probleme benötigt - es nutzt sie nur derzeit nicht! Daher liegt der Fokus von vornherein auf der Konstruktion von Lösungen.
7) Kundenorientierung
Um sich wirklich an den Kunden zu orientieren, bedarf es einer sorgfältigen Auftragsklärung, bei der folgende Grundfragen behilflich sind: „Wer will was? Von wem? Wie viel? Ab wann? Bis wann? Wozu? Gegen wen?"

Die für die Therapie entscheidenden Prozesse geschehen nicht während der Sitzung, sondern zwischen den Sitzungen! In den Sitzungen soll dem System (G) ein Impuls / eine Information gegeben werden, die zu Veränderungsprozessen im System führen. Die Veränderung braucht jedoch Zeit, um sich im System auszubreiten. Daher ist es sinnvoll, zwischen den Sitzungen längere Zeitintervalle verstreichen zu lassen (i.d.R. mindestens 3-4 Wochen). Als Faustregel lässt sich sagen, dass je heftiger die Veränderungstendenzen im Klientensystem sind, desto enger auch die Abstände zwischen den Sitzungen gewählt werden sollten. Allerdings ist es sehr wichtig, den zeitlichen Rahmen immer mit dem Klienten zu besprechen.
Um zu bestimmen, wer an der Therapie teilnimmt, richtet man sich hauptsächlich nach der Vorgabe: „Es können alle kommen, die zu einer Lösung beitragen wollen und können." Die Teilnehmerzusammensetzung kann im Laufe der Therapie immer wieder variieren.
Genau so sind Zielformulierung und Zielabstimmung fortlaufende, sich mit dem Fortschreiten der Therapie wandelnde Prozesse.
Die einfachste Antwort auf die Frage „Wann ist eine systemische Beratung zu Ende?" lautet:
Wenn das ratsuchende System der Beraterin berichtet, das beklagte Problem sei entweder hinreichend gelöst beziehungsweise gebessert oder aber man habe die Hoffnung aufgegeben, es mittels dieser Beratung zu lösen. In beiden Fällen wird die Beratung beendet, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Empfindungen. Oft wird noch ein „Nachschautermin" in 6 oder 12 Monaten verabredet, der als nicht mehr zur Beratung gehörig definiert wird, sondern der Rückmeldung über die vergangene Arbeit dient“ .


Erklären und beschreiben Sie die systemtherapeutische Methode „Familienskulptur“ !

3.1. Die Arbeit mit der Familienskulptur
Die Technik der Familienskulptur gehört sicher zu den interessantesten erlebnisintensivierenden Methoden, die Familientherapie entwickelte. Über die Aufgabe, die Beziehungen der Familie in Haltung und Position darzustellen, wird ein ganzheitlicher Zugang zu dem komplexen System "Familie" auf unterschiedlichen Ebenen ermöglicht. Die auf diese Weise geschaffene symbolische Repräsentation der Familienbeziehungen kann weitgehend ohne Rückgriff auf die Sprache verstanden werden. Damit bietet sich die Skulptur als Technik an, die in ihrer Handlungssymbolik unabhängig von der jeweiligen Altersstufe, der jeweiligen Schichtzugehörigkeit und den damit verbundenen sprachspezifischen Problemen, sowie unabhängig von der jeweiligen Symptomatik/Problematik einsetzbar ist. Sie umgeht viele Abwehrformen wie Rationalisieren und Intellektualisieren und führt daher oft schneller zu den wesentlichen Themen der Familie (Schweitzer und Weber 1982, v.Schlippe u.Kriz 1993).

Des weiteren ist die Skulptur eine Technik, die es ermöglicht, familiäre Abläufe in ihrer Gleichzeitigkeit sowie der gegenseitigen Bezogen- und Bedingtheit der Teilprozesse darzustellen. Dazu bedarf es oft nicht einmal eines besonders großen Aufwands:
Beispiel: In einem Familiengespräch im Rahmen eines Seminars, das V. Satir leitete, beginnt die Mutter, sich über die Tochter zu beklagen und diese anzugreifen. Satir unterbricht: "Ich möchte Ihnen einmal zeigen, was ich gesehen habe, darf ich?"
Und dann nimmt sie die Hand der Mutter und fordert sie auf, mit ausgestrecktem Finger auf die Tochter zu zeigen. Auf die Frage an die Tochter, was sie tue, wenn die Mutter sich so verhalte, dreht diese der Mutter den Rücken zu. "Ist es das, was Sie erreichen wollen?", fragt Satir die Mutter. Diese verneint, Satir lässt die Mutter das Bild stellen, was ihr vorschwebt: die Tochter steht ihr gegenüber und blickt ihr offen ins Gesicht. "Wie können Sie erreichen, dass ihre Tochter das tut?" Die Mutter verwandelt den anklagenden Finger in die offene Hand -und es wird möglich, über die Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte der beiden Menschen aneinander zu sprechen.
Gerade zu Beginn einer Familientherapie empfiehlt es sich, eher beiläufig "nebenbei" einmal Skulpturelemente zu verwenden -z.B. über die Distanz der Stühle das Ausmaß von Nähe und Abstand zu bestimmen oder eine bestimmte Körperhaltung einnehmen zu lassen. Dann fällt später das Stellen einer größeren Skulptur leichter. Für diese ordnet am besten zunächst ein Familienmitglied, das nicht im Zentrum der Konflikte steht, die ganze Familie ohne Worte so im Raum an, dass sich eine aus seiner Sicht stimmige Repräsentation der (insbesondere auch: emotionalen) Beziehungsstruktur der Familie ergibt -wie ein Bildhauer, der eine Skulptur baut. Wenn dieses Bild "steht", ergänzen die Rückmeldungen der anderen über ihre Gefühle, über Stimmigkeit und Unstimmigkeit das Bild, das dann entweder entsprechend verändert werden kann, oder es bleibt als Bild Repräsentant für eine der vielen Perspektiven in der Familie stehen: "So erlebt eben X die Familie in diesem Moment".

Welche Grundelemente geben Schweitzer und Weber für die Skulpturarbeit im Rahmen der systemischen Theorie an?
Nennen Sie mögliche Fragen, die den Familienmitgliedern helfen sollen, ihre Empfindungen während des Skulpturaufbaus zu beschreiben !
Welche Gefahren bzw. Grenzen bestehen bei dem Einsatz der Skulpturtechnik ?
Welche besonders wichtigen Aspekte beinhaltet die systemische Sichtweise ?

Schweitzer und Weber (1982) geben einige Grundelemente für die Skulpturarbeit an, der Therapeut bzw. die Therapeutin kann durch entsprechende Fragen das aufstellende Familienmitglied unterstützen:
• räumlicher Abstand als Symbol für emotionale Nähe: wer steht wem wie nah, wie fern?
• oben/unten als Symbol der hierarchischen Strukturierung: wer setzt sich am stärksten durch, steht vielleicht gar auf einem Podest (Stuhl o.ä.)? Wer steht ganz unten in der familiären Entscheidungshierarchie, sitzt vielleicht auf dem Boden oder einem Stuhl?
• Mimik und Gestik als Ausdruck differenzierter Familienstrukturen: wer fasst wen an? Wer guckt wohin? Wer steht evtl. gebeugt und mit geballten Fäusten da, wer gerade mit offenen Händen? Wer rüttelt heimlich am Fuß des "auf dem Podest" stehenden Mitglieds? usw.
Der/die "Bildhauer/in" wird ermutigt, all diese Grundelemente zu verwenden, auszuprobieren und zu verändern, bis er/sie zufrieden ist. Anschließend werden alle Familienmitglieder aufgefordert, in der Position zu verharren und die damit verbundenen Empfindungen wahrzunehmen. Die von diesen angegebenen Gefühle, ihre Änderungswünsche und Alternativskulpturen können dann Gegenstand einer intensiven Auseinandersetzung sein.
Hier bieten sich eine Reihe von Fragen an:
• Was ist es für ein Gefühl, in dieser Position zu sein? Passt es zu dem Gefühl, das der/die Betreffende in der Familie hat? (an jeden)
• Wussten Sie, dass der "Bildhauer" die Familie so sieht?
• Wussten Sie, dass er Sie so sieht?
• Stimmen Sie mit dem Bild überein? Was sollte geändert werden?
• Welche Veränderungen wünscht sich jeder, um sich besser zu fühlen?
Gerade wegen der vielfältigen Möglichkeiten ist auch Vorsicht beim Einsatz der Skulptur angebracht: Therapeuten könnten sich nämlich verleiten lassen, zu schnell zu viel in der Skulptur unterzubringen oder eine problematische Skulptur nicht auszuhalten und zu früh zu einer Lösung hin zu treiben. Der Therapeut sollte sich zudem bewusst sein, dass die Skulptur bestimmte Widerstandsformen "unterlaufen" kann und daher besonders darauf achten, die Integrität der Familie zu wahren. Gleichzeitig erfordert es durchaus Mut, die Familie zu solchen ungewöhnlichen Handlungen zu bewegen. Erleichtert wird dies durch den frühzeitigen Einsatz von Bewegung und kleinen Skulptureinheiten, sog. "Mini-Skulpturen". Hingegen können Aufforderungen wie: "Ich habe da in der Ausbildung so eine komische Technik kennengelernt, wenn Sie unbedingt wollen, können wir sie ja mal versuchen..." die Skulpturarbeit von vorneherein zum Scheitern verurteilen. Auf der anderen Seite kann ein leichter und selbstverständlicher Umgang mit der Skulptur auch Aktivität, Spaß und Freude in die Therapie bringen. Spielerisch kann auf diese Weise eine systemische Sichtweise der Familie nahegebracht werden: die Zirkularität von Verhalten in sozialen Systemen, eine Mehrgenerationenperspektive, die positive Bedeutung und der Sinn von Symptomen usw. Es ist jedoch nicht nur diese Seite, die in der Skulptur deutlich wird, oft zeigt sie der Familie auch überdeutlich, wo sie steht. Diese Konfrontation muss der Therapeut gemeinsam mit der Familie aushalten, wenn sie wirksam sein soll.

Was wird in der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung unter der Technik „ zirkuläres Fragen“ verstanden ?
Welche Aufgabe hat die dritte Person beim zirkulären Fragen ?
Welches Ziel hat zirkuläres Fragen ?
Welche Arten von zirkulärem Fragen (Frage wonach) gibt es in der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung ?
Was sind triadische Fragen ?


3.2. Das zirkuläre Fragen
Das zirkuläre Fragen wurde zunächst im Rahmen des Mailänder Ansatzes entwickelt und verwendet (Selvini Palazzoli et al. 1981), inzwischen gehört es zum Standardrepertoire systemischer Therapie bzw. systemisch-erzieherischer Förderung (v.Schlippe u.Kriz 1993). Dieser Technik liegt eine Sichtweise zugrunde, nach der alles gezeigte Verhalten in einem sozialen System immer (auch) als kommunikatives Angebot verstanden werden kann: Bestimmte Verhaltensweisen, Symptome, aber auch die unterschiedlichen Formen von Gefühlsausdruck können zum einen als im Menschen ablaufende Ereignisse angesehen werden, darüber hinaus haben sie jedoch immer auch kommunikative Funktion und Bedeutung. Daher kann es interessant sein, diese kommunikativen Bedeutungen sichtbar zu machen. Statt den betreffenden Menschen ausführlich nach seinen eigenen Empfindungen zu befragen, kann man z.B. die Wirkung eines mitgeteilten Gefühls auf die anderen untersuchen. Konsequenterweise steht daher auch bei den Fragen bezüglich der Symptome der Aspekt im Zentrum, wie jedes Familienmitglied diese Symptome "versteht", welche Erwartungen und Beobachtungen damit verbunden sind und wie letztlich darauf reagiert wird - z.B. wird ein Familienmitglied gebeten, die Reaktion eines anderen auf das Symptom zu beschreiben und seine Vermutungen über dessen Motive zu äußern.
"Man kann direkt fragen...:'Wie fühlst du dich?' Wir tun das nicht..., wir fragen jemand anderen: 'Was denkst du, wie deine Schwester sich fühlt?' Ein Gefühl ist eine Botschaft an einen anderen. Und so fragen wir den, der die Botschaft empfängt, nicht den, der sie sendet. Und auch bei einer Beziehung ... fragen wir einen anderen: 'Wie siehst du diese Beziehung?' weil auch eine Beziehung eine Botschaft an einen anderen ist." ( ).

Ein Beispiel
Helmut weint: Im therapeutischen Kontext sind wir gewohnt, so zu fragen:
"Warum weinst Du? Was ist da in Dir los?"

Eine solche Perspektive ist wichtig. Gefühle können als Ausdruck der Existenz einer Person wahrgenommen und wertgeschätzt werden. In dem Wort "Ausdruck" steckt jedoch bereits mehr: Jedes Gefühl wird ausgedrückt -und kann dann auch als Botschaft von Jemandem an Jemanden verstanden werden.

Helmut weint Hannelore nimmt dies wahr und Helmut weiß, dass Hannelore dies wahrnimmt. Dieser kommunikative Aspekt wird in der üblichen Frage nicht berücksichtigt. Dafür braucht es eine andere Art von Frage: "Was denkst Du, Helmut, was Dein Weinen für Hannelore bedeutet?"

Und es gibt immer Dritte, die auf die Beziehungen von zwei anderen schauen: "Was denkst Du, Stefan, was es bei Deiner Mutter auslöst, Deinen Vater weinen zu sehen?"
Mit dieser Fragetechnik entsteht neue Information im System: Helmut erhält eine Information über die mögliche Bedeutung seines Weinens für Hannelore, Hannelore erhält Information über die möglichen Intentionen von Helmut und beide erhalten eine Rückmeldung über ihre Beziehung aus der Sicht von Stefan. Bei allen Beteiligten werden so neue Sichtweisen und Denkprozesse angeregt. Diese Art der Informationssammlung fragt nach Mustern, nicht nach Dingen, denn eine Krankheit ist kein "Ding", Prozess, an dem, besonders im Bereich sog. "psychischer Krankheit", Handlungen verschiedener Personen beteiligt sind: "Was tut Ihr Mann, wenn Ihr Sohn das tut, was Sie verhaltensgestört nennen?", "Und wie reagiert der Sohn darauf?", "Was macht Ihr Sohn anders, wenn Sie ihn für gesund halten?". Auf diese Weise wird Krankheit entdinglicht, "verflüssigt" (Simon und Weber 1988), und es wird möglich, die Verhaltensweisen, die sie bilden, in Beziehungskontexte zu stellen: "Für wen ist xy ein Problem?" "Wer ist darüber am meisten beunruhigt, wer am zweitmeisten ?" (usw.), "Wer merkt es in der Familie zuerst, wenn xy auftritt?"
Im Folgenden sollen einige Kategorien von zirkulären Fragen vorgestellt werden. Es ist dabei wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese Fragen nur in der Theorie trennbare Bereiche thematisieren. Im Gespräch selbst mischen sich die unterschiedlichen Frageaspekte. Das Gemeinsame an allen diesen Fragen ist zudem, dass sie der Herstellung und Verdeutlichung von Unterschieden dienen. Gerade in Familien, in denen jede Art von Unterschiedlichkeit angstbesetzt ist, kann bereits dies ein wichtiger therapeutischer Schritt sein, indem vermittelt wird, dass Unterschiede und Veränderungen akzeptierbar und zu erwarten sind.

3.2.1 Zur Problemdefinition
Neben der bereits erwähnten "Entdinglichung" geht es hier darum, gemeinsam mit der Familie Unterschiede über die Art herzustellen, wie "das Problem" gesehen wird: Wer empfindet das Problem am größten, wer am zweitgrößten, usw.? Hierbei können Prozente oder Skalen von 1-100 hilfreich sein, auch um Nuancen zu verdeutlichen ("Sie sagen: 'Beide gleich', überlegen Sie einmal -wer eher zu 49%, wer eher zu 51%?"):
- Für wen ist es ein größeres Problem?
- Wer hat es als erster als Problem bemerkt?
- Wer macht sich die meisten Sorgen?
- Was denken Sie, welche Verhaltensweisen von X es sind, die Y am meisten beunruhigen?
- Was macht X, wenn er/sie das tut, was Y als Problem erlebt?
- Sind sich alle in der Familie einig, dass es ein Problem ist?
- Was denken Sie, warum Dr. X empfohlen hat, hierher zu kommen?

3.2.2 Fragen nach problematischen Verhaltensmustern
Bei diesen Fragen geht es darum, die starren Bilder über "Eigenschaften", die "in einer Person" liegen, aufzulösen und stattdessen die Familienmitglieder für die Wahrnehmung von komplexen Verhaltensketten im Zusammenhang mit den Symptomen zu sensibilisieren:
- Wenn X das tut, was Y so aufregt, wie verhält sich dann Z?
- Und was macht Y dann, wenn Z das und das tut?
- Was macht die Mutter, wenn X sich weigert, den Abwasch zu machen? Wie geht es dann weiter, wenn abends der Vater nach Hause kommt? Und wer ist es, der dann als erster widerspricht?
- Was denken Sie, was X tun muss, um den Vater zornig zu machen?
- Wenn ich das Problemverhalten aktiv herbeiführen wollte, was müsste ich tun?

3.2.3 Fragen nach dem Vergleich
Symptome werden im systemischen Modell vielfach im Kontext von
Übergängen im Lebenszyklus der Familie gesehen. Hier können zirkuläre Fragen helfen, die Veränderungen, die mit bestimmten Ereignissen in Zusammenhang stehen, zu verstehen:
- Haben sich Ihre Kinder vor der Einschulung von X besser verstanden oder danach?
- Zeigte Monika das Verhalten, das Sie als aggressiv erleben, vor dem Tod der Oma häufiger als heute?
Es ist auch möglich, Fragen nach dem Vergleich der An- oder Abwesenheit von Personen zu stellen:
- Ist der Streit zwischen Ihrem Sohn und Ihrer Schwiegertochter stärker, wenn Ihre Enkelin im Hause ist oder nicht?

3.2.4 Fragen zum raumzeitlichen Kontext des Problems
Hier geht es darum, die scheinbare Invarianz des Problems aufzulösen ("immer...", "nie...") und zur Wahrnehmung von spezifischem Verhalten in spezifischen Situationen zurückzugelangen. Solche Fragen können durchaus denen in der Verhaltenstherapie ähneln - aber es geht hier nicht um die Erhebung von "korrekter" Information für den Therapeuten, sondern darum, eine Vielfalt von verschiedenen, aber jeweils genauen Beschreibungen zu entwickeln:
- Wann zeigt Ihr Sohn das Verhalten, das Sie psychotisch nennen?
- Ist Ihr Mann ständig depressiv, auch wenn er schläft?
- Angenommen, Sie fühlen für einen Moment lang Ihre Angst nicht, welches Gefühl würden Sie dann möglicherweise wahrnehmen? Und woran könnte es Ihre Frau merken, dass Sie dieses neue Gefühl spüren?

3.2.5 "Tratschen in Anwesenheit"
Diese Fragen werden auch als "triadische Fragen" bezeichnet. Meist wird eine Person über ihre Wahrnehmung der Beziehung zwischen zwei anderen Familienmitgliedern befragt. Jeder denkt und vermutet in der Familie über die anderen etwas, was nicht ausgesprochen wird. Doch die Phantasien, die sich darum herumranken, sind oft bedeutsam für das Verhalten der Mitglieder.

Das zirkuläre Fragen stellt einen Zugang dar für diese Ebene:

- Was, meinen Sie, denkt Ihre Frau über das Verhalten Ihrer Mutter?
- Wer würde ihr da am ehesten zustimmen, wer am ehesten protestieren?
- Angenommen, X würde einmal ganz klar ausdrücken, was er/sie denkt, was wäre es? Und wie würde Y darauf reagieren?
- Vermutest du, dass die Beziehung zwischen deinem Vater und deiner Schwester besser ist oder zwischen deiner Mutter und deiner Schwester?
Mit diesen Fragen lassen sich auch abwesende, ja sogar bereits verstorbene Personen einbeziehen:
- Angenommen Ihr Mann wäre jetzt hier, was würde er sagen, wie er die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Mutter sieht?
Tomm (1988) sieht den Wert dieser Fragen vor allem darin, dass die Perspektive eines Beobachters eingenommen und auf diese Weise ein reflexiver Prozess initiiert wird.



Erklären Sie den Begriff „Hypothetische Fragen“
3.2.6 Hypothetische Fragen
Therapeuten sind häufig empathisch dem Leid der Menschen gegenüber, mit denen sie arbeiten. Doch sollten sie eigentlich mindestens genauso empathisch gegenüber den Lösungen sein, die diese Menschen bislang gefunden haben und vor allem gegenüber den Möglichkeiten, die für die Betroffenen noch offen stehen.
Hier gilt es, der Tendenz des Systems, keinen Ausweg mehr zu sehen, entgegenzuwirken, indem kreative neue Möglichkeiten zirkulär eingeführt werden. Da man ein System nicht zu neuen Lösungen zwingen kann, ist die Form der Frage auch ein gutes Mittel, um spielerisch neue Wege anzubieten. Diese müssen nicht realistisch, ja nicht einmal realisierbar sein. In jedem Fall aber fügen sie ein neues Element hinzu: "Angenommen dass....", "Gesetzt den Fall, dass....", "Was wäre wenn...". In jedem Fall ist es möglich, ggf. schnell wieder zurückzugehen: es war ja nur eine Frage, kein Vorschlag oder gar eine Hausaufgabe...
Diese Fragen ermöglichen somit ein unbedrohliches Probehandeln und wirken daher der Angst vor Veränderung entgegen. Das hypothetische Fragen ermöglicht dabei, "frecher" zu sein als sonst. Es wird dabei eine "Als-Ob-Realität" entworfen, die niemanden festlegt. Die Struktur ist immer: "Was wäre wenn...?" und: "Wer würde dann wie reagieren?":
- Gesetzt den Fall, Ihre Tochter würde sich morgen wieder entscheiden, zu essen. Wer würde als erster bemerken, dass es ihr wieder besser ginge?
- Wenn Sie sich vorstellen, die Entscheidung Ihrer Tochter, mit dem Essen aufzuhören wäre eine Art von Protest - wogegen könnte sich dieser Protest am ehesten richten?
- Angenommen, ihre Tochter würde im folgenden Jahr schwanger werden und heiraten, wie würde Ihr Mann darauf reagieren? Und Sie?
- Was wäre, wenn Ihr Sohn entscheiden würde, die Schule völlig aufzugeben und den Rest seines Lebens zu Hause bei Ihnen zu verbringen?
- Gesetzt den Fall, die Waschmaschine geht kaputt. Wer würde dann die Wäsche machen, wer würde helfen, wie würde die Familie dieses Problem bewältigen?
- Angenommen, Deine Eltern würden sich tatsächlich scheiden lassen, bei wem würde Deine Schwester dann am ehesten wohnen, bei Mama oder bei Papa?
- Angenommen Sie wollten es jetzt darauf anlegen, dass X das symptomatische Verhalten wieder zeigt. Was müssten Sie tun? Und wenn Ihre Frau das wollte, müsste sie etwas anderes tun oder dasselbe?
- Sie sagen, Ihr Sohn kann nicht für sich sorgen: angenommen er würde bei einem Schiffsunglück an eine unbewohnte Insel gespült werden; würde er überleben? Was meinen Sie? Und Sie?
- Wenn jetzt Mama krank werden würde und einige Zeit ins Krankenhaus käme - wie würde sich das auf die Beziehung zwischen Vater und Kindern auswirken?
Allerdings ist bei diesem Vorgehen auch Vorsicht geboten: der Therapeut kann sich schnell verleiten lassen, in Richtung normativer Lösungen zu fragen. Daher empfiehlt es sich, sich hier gut selbst zu kontrollieren und offen bzw. zweiseitig zu fragen:

- Gesetzt den Fall, das Problem bliebe noch fünf Jahre unverändert bestehen -wer würde das nach fünf Jahren am besten überstanden haben?
- Angenommen ein Ehepartner würde sich zu einer Trennung entschließen, wer wäre das am ehesten? Und wenn sie zusammenblieben, wer wäre dann am meisten erleichtert?

Eine Variante des hypothetischen Fragens ist das Fragen in die Zukunft:
- Stellen Sie sich einmal vor, es wären fünf Jahre vergangen: welches der Kinder wird als erstes das Haus verlassen? Für wen wäre der Trennungsprozess am schwierigsten?
- Wie werden Eure Eltern ihr Leben gestalten, wenn die Kinder das Haus verlassen haben?
- Wir haben verstanden, dass Du auf Deine Eltern wütend bist und sie bestrafen willst: was denkst Du, wann Du sie genug bestraft hast -in einem Jahr, in zwei Jahren? (Implizit steckt in dieser Frage schon die potentielle Begrenzung und Handhabbarkeit eines Problems).
Hypothetische Fragen können sich darüber hinaus noch auf Ereignisse beziehen, die völlig unmöglich sind. Diese sog. "existenziellen" Fragen (Boscolo et al. 1988) eignen sich zum Aufdecken von Tabuthemen und verdeckten Phantasien in Familien:
- Wenn Sie sich einmal vorstellen, Ihr Sohn wäre nicht geboren worden, Sie hätten ihn gar nicht gehabt, wie sähe Ihre Beziehung dann aus?

3.2.7 Lösungsfragen, Fragen nach Ausnahmen
Aus der Kurzzeittherapie heraus entwickelte sich eine spezifische Anwendungsform des zirkulären Fragens, die an dieser Stelle Erwähnung verdient, wenngleich sie eigentlich zu den hypothetischen Fragen gehört. Die bekannteste, die "Wunderfrage" wurde bereits erwähnt:
- Gesetzt den Fall es würde heute Nacht (oder: nach dieser Stunde oder: an irgendeinem der kommenden Tage..) ein Wunder geschehen, und das, was Sie heute als Problem erleben,
wäre verschwunden. Wer würde das als erster bemerken? Und woran?
- Wie würde er/sie darauf reagieren?
- Wie würde Ihr Leben weitergehen?
- Wer aus der erweiterten Familie, glauben Sie, würde am ehesten sagen: ich wusste dass er/sie es schaffen würde?
- Wer hätte die bessere Möglichkeit, wieder ins Problem einzusteigen?
- Was könnte der erste Zug sein, das "Spiel" wieder von neuem zu beginnen?
Bei White und Epstein (1990) finden sich Fragen nach Ausnahmen. Sie betreffen jeweils die in Familien vorkommenden Spontan-Fluktuationen - nämlich solche Situationen, in denen das Problem nicht auftrat, obwohl es dort "normalerweise" und "typisch" auftritt.
- Wann war das letzte Mal, dass Sie merkten, dass die Angst Sie eingeladen hat, sich Sorgen zu machen, und Sie sind trotzdem dieser Einladung nicht gefolgt?
- Woran könnte Ihre Frau dies bemerkt haben?


Was sind Genogramme ? Welche Informationen beinhalten sie ? Was ist das wichtigste bei Genogrammen?
Zeichnen Sie ein eigenes Genogramm, das Ihre Herkunftsfamilie darstellt ! Was fällt Ihnen auf ?


3.3. Die Arbeit mit Genogrammen
Genogramme dienen der übersichtlichen Darstellung von komplexen Informationen über Familiensysteme. Man benutzt dazu meist eine Zeichensprache, für die sich bestimmte Symbole eingebürgert haben, Vierecke für männliche Personen, Kreise für weibliche (vgl.McGoldrick u.Gerson 1990, Heinl 1987, 1988).

Ein Genogramm umfasst je nach Gesprächsverlauf bis zu drei Generationen, ausgegangen wird von der eigenen Herkunftsfamilie bzw. der Familie des Patienten. Es können für jede Familienebene separate Blätter verwendet werden. In das Bild können dann wichtige Beziehungsdaten eingeschrieben werden:
- Name, Vorname, Alter bzw. Geburtsdaten, evtl. Todesdaten
- Daten der Heirat, evtl. auch des Kennenlernens, Daten von Trennung und Scheidung.
- Wohnorte, Herkunft der Familie (z.B."aus Pommern"), Ortswechsel
- Krankheiten, schwere Symptome, Todesursachen
- Berufe
Interessant können auch "weiche" Informationen sein:
- drei Eigenschaften, die der Person zugeschrieben werden
- ein Begriff zur Kennzeichnung der jeweiligen Familienatmosphäre
- Hinweise auf bestimmte Streitfragen in der Familie (z.B.:Eifersucht)
- Tabus: worüber wurde nicht gesprochen? Der Blick auf die "weißen Stellen" im Genogramm ist sehr wichtig: worüber wurde nicht gesprochen? Welche Ereignisse werden verschleiert?
- Krankheiten: McGoldrick und Gerson (1990) weisen auf die Möglichkeit des Einsatzes des Genogramms als Basisdokumentation in einer Familienärztlichen Praxis, auf der die Krankheiten verschiedener Familienmitglieder in ihrem zeitlichen Zusammenhang schnell deutlich werden.
Es ist möglich, bestimmte Teile des Genogramms durch Farben besonders hervorzuheben oder um besondere familiäre Ereignisse, Einflüsse oder transgenerationelle Muster zu ergänzen. Familienfotos oder auch Gegenstände (z.B. ein Tagebuch, oder ein Werkzeug des Großvaters) können dazu beitragen, die "Kreise und Kästchen" mit Lebendigkeit zu füllen.
Das Wichtigste im Genogramm bleiben jedoch die Geschichten, die gemeinsam in den Sitzungen zu den verschiedenen Genogrammdaten erzählt werden. Sie bilden den Hintergrund für ein neues Verständnis der Gegenwart.

Was wird im Rahmen der Systemtheorie unter dem „reflektierenden Team“ verstanden?
3.4. Das reflektierende Team
Das reflektierende Team ist oben bereits erwähnt worden als ein Ansatz, der es ermöglicht einen Kontext zu schaffen, in deren Veränderung geschehen kann. Das reflektierende Team ist von der Struktur her einfach zu handhaben und kann "nicht schaden" wenn folgende Regeln beachtet werden:
- alles, was gesagt wird, wird in einer wertschätzenden Weise gesagt, Abwertungen werden strikt vermieden.
- es wird eher vorsichtig, suchend, "konjunktivisch" ("es könnte sein...") gesprochen als festlegend und diagnostizierend. Es geht nicht darum, die eine "richtige" Erklärung zu finden, vielmehr ist es die aktiv aufrechterhaltene Vielfalt, die dem ratsuchenden System helfen kann, zu sehen, dass mehrere Perspektiven gültig sein und nebeneinander existieren können.
- Daraus folgt, dass jede Meinung, die anders ist, als die eigene, eher als Einladung betrachtet wird, weiter zu denken, weiter zu überlegen, um verschiedene Perspektiven zu integrieren, so dass die Konkurrenz: 'Wer hat die beste (oder die eine richtige) Idee?' vermieden wird. Vielmehr wird Perspektivenvielfalt im Sinne eines Angebotes an die Familie gesucht.
Wenn diese Bedingungen klar sind, ist die Grundstruktur eines hilfreichen Settings gewahrt.
Auch eine Teamsitzung von Erziehern und Heilerziehungspflegern kann bei Einhaltung dieser Grundsätze sehr positiv verlaufen.

3.4.1 Die Schritte der RT-Sitzung:
Zu Beginn wird die Familie ausführlich in das Setting eingeführt und gefragt, ob jeder mit der Prozedur einverstanden ist. Danach interviewt ein Therapeut die Familie, ohne irgend einen Focus auf Veränderung zu legen. Statt dessen wird nur versucht Muster zu erfragen, Meinungen über das Problem und über dessen Zustandekommen. Nach etwa 15 - 25 Minuten wird eine Pause gemacht, das Team beginnt, über die Ideen, über die Familie zu diskutieren in Anwesenheit der Familie und des Therapeuten. Zwischen Team und Familie sollte keine direkte Interaktion auftreten, der Therapeut bleibt bei der Familie sitzen. Diese Diskussion sollte fünf Minuten nicht überschreiten.
Den nächsten Schritt eröffnet der Therapeut mit der Frage: Was war interessant für Sie, was war neu, was hätte besser nicht gesagt werden sollen? Diese Fragen sollte jedes Familienmitglied beantworten können (natürlich nicht schematisch). Meist führt dies schnell zu einem lebendigen und interessanten Austausch zwischen den Familienmitgliedern. Teamdiskussion und nachfolgende Reflexion der Familie wird im allgemeinen ein- bis zweimal innerhalb eines Interviews von 60 - 90 Minuten wiederholt. Abgeschlossen werden sollte das Gespräch immer so, dass die Familie die Möglichkeit hat, sich auf das, was das Team gesagt hat, noch einmal kurz und abschließend zu beziehen.

3.5. Die Arbeit mit Schlussinterventionen in der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung
Schlussinterventionen sollten zugleich "anschlussfähig" und "verstörend" sein. Dazu sollten sie:
- nur das aufgreifen, worüber gesprochen wurde (keine oder nur wenig Spekulation)
- in ihrer Formulierung die eigenen Metaphern der Klienten aufgreifen
- Bekanntes, Neues und Verwirrendes miteinander kombinieren
- möglichst deutlich, anschaulich und drastisch sein

1. Kommentare
- Bestätigung, Anerkennung, Provokation
- Umdeutung des Problems, Reframing
- Geschichten, Metaphern, Witze

2. Empfehlungen - Verschreibungen
- Mehr desselben tun <-----------> Neues Probieren
- Idee A ausprobieren <-----------> Vielleicht doch besser Idee B
- stark ritualisiert <-----------> offen
- auf Kooperation <-----------> auf Widerspruch abzielend

3. Bausteine
- positive Umdeutungen:
a) Probleme in Fähigkeiten: "Sie schaffen es, Ihrem Hunger nicht nachzugeben, sondern zu fasten, egal, wie schwer es Ihnen manchmal fällt. Sie zeigen eine enorme Willensstärke!"
b) Verzicht aus Loyalität: "Sie haben sich entschlossen, anderen (-->konkretisieren) zuliebe auf die Verwirklichung Ihrer Möglichkeiten zu verzichten. Diese wiederum haben sich ihrerseits entschieden auf....zu verzichten."
- negative Umdeutungen (bei vermutetem symmetrischem Muster): "Eine Kollegin meinte, Sie seien dazu noch nicht 'manns' genug, um....." bzw.: "als Frau noch nicht genügend emanzipiert" ; "du würdest wahrscheinlich doch lieber so tun, als seiest du dazu zu dumm"; "viele Familien schaffen das, Ihre gehört aber vielleicht nicht dazu".
- Unterlassungsinterventionen. Wenn ein Muster durch zirkuläres Fragen gut herausgearbeitet wurde, kann als Schlussintervention die Aufgabe gestellt werden, es zu unterbrechen (also 14 Tage lang nicht mehr über die Zwangsgedanken zu sprechen, wenn sich gezeigt hat, dass dies der zentrale Kommunikationsinhalt geworden ist). Diese Intervention führt nicht selten zu großer Verwirrung und Verstörung, weil mit dem Muster zwar die negativ erlebten Abläufe unterbrochen sind, aber gleichzeitig auch alles Vertraute fehlt (s. hierzu: Ellebracht et al. 1993).
- zeitbezogene Interventionen:
a) Der InterCity ( = IC) und die Notbremse: "Sie sind in der letzten Zeit im IC-Tempo durch Ihre Familienentwicklung gebraust. Da ist es gut, eine Notbremse zu haben, wenn der Zug zu schnell fährt. Sie haben eine (oder mehrere) gute Notbremsen zur Verfügung:...... Wir empfehlen, diese in der nächsten Zeit immer zu ziehen, wenn...."
b) Der Lust widerstehen: "Wir haben mitbekommen, dass Sie in der Gefahr stehen, Ihrer Lust auf mehr Alkohol nachzugeben. Sie sollten lieber daran zuglauben, dass einige Ihrer Wünsche tatsächlich Wirklichkeit werden könnten. Dem sollten Sie/ sollte Ihr strenges Gewissen zumindest vorläufig noch Paroli bieten, weil nicht absehbar wäre, welche Veränderungen sich daraus für Sie und Ihre Familie ergeben könnten."

- Ambivalenz -bezogene Interventionen:
a) Mal so, mal so: eine Woche Tendenz A, eine Woche Tendenz B, eine Woche beide Tendenzen gleichzeitig ausleben und die Auswirkungen beobachten.
Oder: Eine HEP sagt zu einer Bewohnerin, die leicht körper- und lernbehindert ist „ Du kannst ja eine Woche jeden Tag Dein Zimmer aufräumen, die zweite Woche lässt Du alles liegen und in der nächsten Woche mal aufräumen und mal nicht. Danach überlegst Du was Dir im Nachhinein besser gefiel.“
b) Immer alles auf einmal: "Man könnte eine Woche A, eine Woche B ausleben und schauen, was passiert, Ihnen aber möchten wir empfehlen, vorläufig noch alle Tendenzen gleichzeitig auszuleben, weil....
c) Splitting des Teams bzw. Ambivalenz des einzelnen Beraters:
- widersprüchliche Prognosen darüber, was die Familie tun wird bzw.
die einzelnen tun werden
- widersprüchliche Wetten
- widersprüchliche Empfehlungen ("wir konnten uns nicht einigen...")
- Interventionen nach der Wunderfrage: Genauso weitermachen wie bisher, nur einmal (und nicht häufiger) so tun, als sei das Wunder eingetreten; beobachten, was passiert.

- Rituale

a) Trauerrituale: regelmäßig auf den Friedhof gehen; täglich Ihre Erinnerungen an die Vergangenheit aufschreiben; regelmäßig (allein/gemeinsam) Fotos betrachten und sich in Dialog mit dem, der nicht mehr da ist, versenken
b) Gerade/ungerade Tage (bei viel Ambivalenz/unauflösbarer Symmetrie in der Familie): Mo/Mi/Fr gilt das Wort des einen, Di/Do/Sa das des anderen, So handhaben Sie offen

- Interventionen, die den Beratungskontext miteinbeziehen
a) bei Geheimnissen: "Schreiben Sie uns vor dem nächsten Gespräch, über welche Geheimnisse wir hier nicht sprechen sollten."
b) bei vielen Helfern: "Besprechen Sie mit den Helfern (Hausarzt, Psychiater, Einzeltherapeut), was wir hier nicht tun sollten!"
c) wenn wenig Hoffnung auf Veränderung: "Es geht hier nicht um Veränderung, sondern um Bewahrung. Wir können Ihnen nur anbieten, Sie in Ihrem Leiden zu begleiten."

3.6. Geschichten als therapeutische bzw.erzieherisch-fördernde Arbeit
Metaphern und Geschichten sind wichtige Elemente therapeutischer bzw.erzieherisch-fördernder Arbeit (s.z.B. Lankton u.Lankton 1994). Und was würde sich zu ihrer Illustration besser eignen als eine kleine Geschichte (aus: Shah 1986)?:
Als ich Mullah Nasreddin, den närrischen Weisen, zuletzt traf, sah er leidend aus: er schwitzte, stöhnte und sein Gesicht war schmerzverzerrt. Auf meine Frage, ob er krank sei, antwortete er: "Nein, krank bin ich nicht - nur meine Füße! Du kannst Dir nicht vorstellen, wie ich leide!" -Ich fragte weiter, was denn mit seinen Füßen sei, und ob er einen Unfall gehabt hätte.
"Nein, wo denkst du hin! meine Schuhe sind zwei Nummern zu klein!" -"Und warum ziehst du sie dann nicht aus?", fragte ich verwundert. Mullah wurde vorwurfsvoll zornig: "Du willst mir wohl den wohlverdienten Feierabend verderben! Du ahnst gar nicht, welche Wohltat es ist, wenn ich nach verrichteter Arbeit die Schuhe ausziehe! Und auf dieses Hochgefühl soll ich verzichten? Niemals!"

3.7. Die positive oder auch wertschätzende Konnotation
(...) Die Mailänder versuchen durch eine therapeutische Technik linearem Denken zu entgehen, der positiven Symptombewertung bzw. darüber hinausgehend der positiven Beurteilung aller Verhaltensweisen in der Familie, -eine Haltung, die im übrigen auch für den Ansatz von Virginia Satir selbstverständlich war. Dies durchzuhalten ist schwierig, denn die Versuchung besteht immer, in eine willkürliche Interpunktion der zirkulären Systemabläufe zurückzufallen, das Symptom mit bestimmten psychopathologischen Kategorien anderer Familienmitglieder in Beziehung zu setzen ("d e r verhält sich so, w e i l d e r sich so verhält/so stark gestört ist"). Untrügliches Indiz dafür, dass der Therapeut/die Therapeutin in seinem/ihrem inneren Dialog einer feststehenden Interpunktion "aufsitzt", ist, wenn sich bei ihm/ihr Ärger oder Empörung über einen oder mehrere in der Familie entwickeln, die Familie wird aufgeteilt in "gute" und "böse" Mitglieder und damit wird es erschwert, das System als Ganzes zu sehen.

Eine wertschätzende Konnotation arbeitet dieser Tendenz entgegen: der Therapeut muss sich zwingen, sehr konsequent eine systemische Sicht der Familie beizubehalten (also z.B. nicht sarkastisch/ironisch zu werden) und jede Verhaltensweise als positiven Beitrag des entsprechenden Familienmitgliedes zu werten, die Einheit und Kohäsion der Familie zu erhalten. Da sie gleichzeitig eine Meta -kommunikation darstellt (der Therapeut spricht in der Familie über die Kommunikationen), wird auf einer Metaebene eine neue Gesprächsform eingeführt: eine Beziehung wird klar definiert, ohne dass die Gefahr besteht, dass sie abgewertet wird. Gleichzeitig etablieren die Therapeuten eine eindeutige Komplementarität, die so aussieht, dass sie diejenigen sind, die Bestätigung verteilen und damit sind sie nicht in der Gefahr, in den symmetrischen Streit des Familienspiels verstrickt zu werden: der Inhalt dessen, was sie sagen, ist ja mit der Tendenz des Systems, seinen eigenen Bestand zu erhalten, konform -gerade durch die ausdrückliche Bestätigung jedes Mitglieds vermeiden die Therapeuten die Abweisung.

Es handelt sich bei der positiven Konnotation nicht um eine leicht durchführbare Technik, eher schon um eine therapeutische Grundhaltung. Abgesehen davon, dass sich in die Sichtweise des Therapeuten/der Therapeutin immer wieder lineare Interpunktionen einschleichen können, ist es auch möglich, dass eine positive Konnotation von der Familie negativ, als "Nicht-Ernst-Nehmen" aufgefasst wird. Auch im Ausbildungskontext stellt sich dies oft als Frage. U.E. ist die Formulierung "wertschätzende Konnotation" besser geeignet, um zu verdeutlichen, worum es geht. Dann muss nicht jedes Verhalten unbedingt als "positiv" gewertet werden, und doch kann eine wertschätzende Haltung deutlich machen, dass der Therapeut/die Therapeutin sich bemüht, die Hintergründe für dieses Verhalten nachzuvollziehen.

Was bedeutet der systemtheoretische Begriff „Reframing“?
3.8. Das Reframing
Wertschätzende, positive Konnotationen stellen immer ein Reframing dar, d.h. ein Verhalten, das beklagt wird, wird in seiner positiven Bedeutung für das Gesamtsystem beschrieben: obwohl es unverändert bleibt, wird es anders gesehen als vorher.
Der in der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung sehr bedeutsame Begriff "Reframing" soll hier noch etwas weitergehend erläutert werden. Bateson hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Bedeutung einer Information von sog. "Kontextmarkierungen" abhängt -Kennzeichen, die dem jeweiligen Kommunikationspartner deutlich machen, wie eine Kommunikation zu verstehen ist. Eine Kontextmarkierung ist damit ein Weg, über den Lebewesen den sozialen Sinn ihrer Kommunikationen übermitteln. Dieser soziale Sinn kann auch "Frame" (Rahmen) genannt werden: der Rahmen bestimmt, wie eine Äußerung zu verstehen ist. Die Aussage: "Jetzt mache ich Dich fertig!" hat im Kontext eines Schachspiels, lachend gesagt, einen ganz anderen Sinn als im Kontext einer Schlägerei. Ein veränderter Rahmen verändert die komplette Bedeutung einer Kommunikation, auch wenn der "digitale" Inhalt unverändert bleibt.

Dieses Schema liegt auch vielen Witzen zugrunde.
Beispiel: Es treffen sich zwei Rechtsanwälte. Fragt der eine: "Wie geht's?", sagt der andere: "Schlecht! Ich kann nicht klagen!"
Der Witz liegt darin, dass eine Äußerung, die unter den gängigen Kontextmarkierungen des Alltags positiv erlebt wird, im juristischen Frame negativ ist: nicht klagen können. Der gewohnte Rahmen des Zuhörers wird erschüttert, die Spannung zwischen den beiden Kontexten macht Spaß -im Fall des Witzes jedenfalls. Weniger lustig sind meist die Frames, mit denen Menschen leben, die in die Therapie kommen. Hier geht es darum, dem Rahmen, in dem ein Klient bzw. eine Familie ein Ereignis wahrnimmt, einen anderen Rahmen gegenüberzustellen, -eben einen systemischen. Der Therapeut fragt sich bei jeder Äußerung oder Verhaltensweise des/der Klienten, wie diese sich ihm unter systemischer Sicht darstellt: Welcher Kontext wäre denkbar, unter dem das Problem sinnvoll wäre, ja vielleicht sogar so etwas wie eine "beste Lösung" darstellen würde? Wie sieht "das Problem" aus, wenn man es als sinnvolle Reaktion auf einen Kontext verstünde?
Ein Reframing kann auf eine Einzelperson bezogen sein: "Ich werde immer so schnell ärgerlich!" -"Und Sie wünschen sich auch noch andere Möglichkeiten, um deutlich zu machen, was Ihnen missfällt?" und es kann auf einen Systemzusammenhang bezogen sein: ein ständiger Streit kann ganz anders gesehen werden, wenn er in den Bezugsrahmen von Lebendigkeit gestellt wird: "Ich finde es beeindruckend zu sehen, wie engagiert und lebendig Sie darum ringen, die optimale Distanz zwischen sich zu finden!"

Oder:
Zwei Heilerziehungspflegerinnen streiten sich bei der Erstellung des Dienstplans um einen Wochenenddienst. Daraufhin sagt die Gruppenleitung: „ Das ist wirklich toll, dass Ihr beide arbeiten wollt. Da freuen sich die Bewohner sicherlich!“

Bekannt geworden ist ein Reframing in Familien mit magersüchtigen Töchtern : statt die Magersucht als Krankheit zu sehen, wird die Opferrolle des Kindes betont, das in einem Alter, in dem andere Jugendliche sich der Kontaktpflege mit Gleichaltrigen widmen, dafür sorgt, dass das gesamte Konfliktpotential der Familie sich auf sie konzentriert.
Ebenfalls "klassisch" zu nennen ist ein Reframing, das, wenn es im Erst- oder Zweitkontakt möglich ist, den Symptomträger merklich entlasten kann: wenn durch die Fragen des Therapeuten die Vernetzung des Problems in der Gesamtfamilie deutlich geworden ist, viele Wünsche nach Veränderung und Hoffnung auf Wachstum formuliert werden konnten, kann sich der Therapeut anerkennend an den Indexpatienten wenden und ihm vermitteln, dass er/sie es war, der die Aufgabe des "roten Warnlichts" für die Familie übernommen hat -und dafür sorgte, dass nun alle an einem Ort sitzen, wo sie miteinander nach Wegen suchen können, dass es allen besser geht als vorher: alle können gewinnen! -Es ist leicht nachvollziehbar, dass dieser Frame ein völlig anderer ist als der, der ein Problem als Ärgernis oder Belastung beschreibt.

4. Schluss
Ungeachtet der jeweiligen theoretischen Ausrichtung verfolgen alle Methoden letztlich nur ein Ziel: den Prozess, in dem Menschen über ihre Kommunikationen, damit also im weitesten Sinn: über ihre Sprache (Efran et al. 1992) miteinander eine gemeinsame Wirklichkeit erschaffen und aufrechterhalten, da zu "stören", wo diese Sprache leiderzeugende Muster mit sich bringt. Eine Technik ist dann kunstvoll angewandt, wenn sie im Gegenüber einen Zweifel wachruft, ob die Wirklichkeit denn tatsächlich so ist, wie er oder sie sich und anderen beschreibt. Dieser Zweifel, diese Verstörung sind heilsam: Wenn "alles auch anders sein" könnte, anders gesehen werden könnte, ist schon viel dafür getan, dass die Dinge nicht mehr so fest­gefahren und unveränderbar erlebt werden wie bisher.

5. Mögliche Klausurfragen
In dieser Ausarbeitung sind die möglichen Klausur- bzw. Testfragen in kursiver Schrift in dem Text eingefügt. Dies soll den Studierenden bei der Suche nach den Antworten helfen.

6. Literatur- und Quellenverzeichnis:
Aus dem Internet kopiert am 14. 10. 2001 URL: http://psyiii24.uni-muenster.de/www.AEBromme/SCHWER/!WIR.HTMWalter, J., Peller, J. 1994: Lösungsorientierte Kurztherapie. Ein Lehr- und Lernbuch. Dortmund: Modernes Lernen

Literatur:
Andersen, T. (Hg.) 1990: Das reflektierende Team. Dortmund: Modernes Lernen
Boscolo, L., Bertrando, P. et al. 1993: Sprache und Veränderung. In: Familiendynamik 18(2), 107-124
Boscolo, L., Cecchin, G., Hoffman, L., Penn, P. 1988: Familientherapie -Systemtherapie. Das Mailänder Modell. Dortmund: Modernes Lernen
Boszornemyi-Nagy, I., Spark, G. 1981: Unsichtbare Bindungen. Die Dynamik familiärer Systeme. Stuttgart: Klett
Efran, J., Lukens, M., Lukens, R. (1992): Sprache, Struktur und Wandel. Dortmund: Modernes Lernen
Ellebracht, H., Lenz, G., Osterhold, G. 1993: Zu dritt auf dem roten Sofa. Modell einer systemtherapeutischen Gemeinschaftspraxis. In: Integrative Therapie 19(3), 242-260
Heinl, P. 1987: Die Technik der visuellen Analyse von Familienstammbäumen. In: Familiendynamik 12, S.118-138
Heinl, P. 1988: Kontext und Kommunikation: Koordinaten des Genogramms. In: Integrative Therapie 14 (4), S.365-375
Kriz, J. 1985: Grundkonzepte der Psychotherapie. München/Weinheim:
Psychologie Verlags Union
Lankton, C., Lankton, St. 1994(2): Geschichten mit Zauberkraft. München: Pfeiffer (Leben Lernen 76)
McGoldrick, M., Gerson, R. 1990: Genogramme in der Familienberatung. Stuttgart: Huber
Minuchin, S., Rosman, B.L., Baker, L. 1981: Psychosomatische Krankheiten in der Familie. Stuttgart: Klett-Cotta
Osterhold, G., Molter, H. (Hg.)1992: Systemische Suchttherapie. Heidelberg: Asanger
Satir, V. 1990: Kommunikation, Selbstwert, Kongruenz. Paderborn: Junfermann
v.Schlippe, A. 1984: Familientherapie im Überblick - Basiskonzepte, Formen, Anwendungsmöglichkeiten. Paderborn: Junfermann
v.Schlippe, A., Kriz, J. (Hg.) 1987: Familientherapie, Kontroverses - Gemeinsames. 1.Weinheimer Symposion 1986 in Osnabrück. Wildberg: Bögner-Kaufmann
v.Schlippe, A., Kriz, J. 1993: Skulpturarbeit und zirkuläres Fragen. Eine integrative Perspektive auf zwei systemtherapeutische Techniken aus Sicht der personenzentrierten Systemtheorie. In: Integrative Therapie 19(3), 222-241
Schweitzer, J., Weber, G. 1982: Beziehung als Metapher: die Familienskulptur als diagnostische, therapeutische und Ausbildungstechnik. In: Familiendynamik 7, 113-128
Selvini Palazzoli, M., Boscolo, L., Cecchin, G., Prata, G. 1977: Paradoxon und Gegenparadoxon. Stuttgart: Klett
Selvini Palazzoli, M., Boscolo, L., Cecchin, G., Prata, G. 1981: Hypothetisieren, Zirkularität, Neutralität: drei Richtlinien für den Leiter der Sitzung. In: Familiendynamik 6, S.123-139
Selvini Palazzoli, M.,Boscolo,L., Cecchin, G., Prata, G. 1983: Das Problem des Zuweisenden. In: Zeitschr.f.System.Ther. 1(3), 11-20
Selvini Palazzoli, M., Boscolo, L., Cecchin, G., Prata, G. 1979: Gerade und ungerade Tage. In: Familiendynamik 4 (2), 138-147
de Shazer, St. 1989a: Der Dreh. Überraschende Wendungen und Lösungen in der Kurzzeittherapie. Heidelberg: Auer
Shah, Idries 1986: Das Zauberkloster. Alte und neue Sufi-Geschichten. Reinbek: Rowohlt
Simon, F., Stierlin, H. 1984: Die Sprache der Familientherapie. Stuttgart: Klett-Cotta
Simon, F., Weber, G. 1988a: Das Ding an sich. Wie man "Krankheit" erweicht, verflüssigt, entdinglicht... Familiendynamik 13(1), 56-61
Stierlin, H. 1994: Ich und die anderen. Stuttgart: Klett
Tomm, K. 1994: Die Fragen des Beobachters. Schritte zu einer Kybernetik zweiter Ordnung in der systemischen Therapie bzw. systemisch-erzieherischen Förderung. Heidelberg: Carl Auer
Universität Münster Arbeitsgruppe im Rahmen einer Schwerpunktveranstaltung in Pädagogischer Psychologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Die Leitung dieses Seminars hatte Dipl.-Psych. Elmar Stahl, dem an dieser Stelle für seine unermüdliche Geduld und sein Engagement gedankt wird. Dieser Text wurde von folgender Autorengruppe der Universität Münster geschrieben:
Watzlawick, P., Krieg, P. (Hg.) 1991: Das Auge des Betrachters. München: Piper
Weber, G., Stierlin, H. 1989: In Liebe entzweit: die Heidelberger Therapie der Magersucht. Reinbek: Rowohlt
Weiss, Th. 1988: Familientherapie ohne Familie. Kurztherapie mit Einzelpatienten. München: Kösel
White, M. 1989: Der Vorgang der Befragung: eine literarisch wertvolle Therapie? In: Familiendynamik 14(2), 114-128
White, M., Epstein, D. 1990: Die Zähmung der Monster. Literarische Mittel zu therapeutischen Zwecken. Heidelberg: Auer

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Fußnoten:

(1) Institut für Familientherapie e.V. Weinheim
Dieser Text basiert (mit Ausnahme der Texte, die von „Universität Münster -Arbeitsgruppe“ stammen) auf einer gekürzten Version des Systhema-Sonderheftes, das 1994 im Verlag des Instituts für Familientherapie, Weinheim herauskam mit dem Titel: “Zugänge zu familiären Wirklichkeiten“,Arist von Schlippe, Haja Molter, Norbert Böhmer. Dieses Sonderheft der Systhema, der Zeitschrift des Instituts für Familientherapie, Weinheim, dient als Beiheft zu dem gleichnamigen Film, der als Produktion der Video-Cooperative-Ruhr 1994 von den drei Autoren herausgebracht wurde. Einige schülerungeeignete Passagen sind sinnwahrend gekürzt. Diese Kürzungen sind mit diesem Symbol gekennzeichnet: (...). In kursiver Schrift sind aus didaktischen Gründen ( didaktische Überarbeitung: Werner Jung) einige Ergänzungen eingefügt. Ziel dieses Textes und des damit verbundenen Lehrfilmes ist es, verschiedene therapeutische Zugänge zu den Wirklichkeitskonstruktionen von Systemen zu beschreiben, die unterschiedlichen Schulen und Richtungen der Familientherapie bzw. systemischer Therapie bzw. systemisch-erzieherischer Förderung entwickelt haben. Ziel des Films ist es, einen Einblick in die Vielfalt systemtherapeutischer Methoden zu bieten. Der vorliegende Text soll hierzu Erläuterung und Hintergrundinformation bieten. Natürlich ergänzen sich Film und Begleittext, sie können jedoch auch unabhängig voneinander genutzt werden.

(2) Bitte bearbeiten Sie diese gesamte Ausarbeitung gemäß der SQ3R -Methode.

(3) sys|te|misch: ein System od. mehrere Systembestandteile in gleicher Weise betreffend od. auf sie wirkend
SYSTEME: Prinzip, Ordnung nach der etwas organisiert oder aufgebaut wird. Aus grundlegenden Einzelelementen zusammengesetztes Ganzes.
LINEARES DENKMODELL: Annahme, dass eine bestimmte Wirkung eine bestimmte Ursache hat.

(4) HOMÖOSTASE: Prinzip, dass alle Organismen gegenüber den sich verändernden Lebensbedingungen die Tendenz zeigen, das von ihnen erreichte Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen (z.B. Körpertemperatur)
Universität Münster - Arbeitsgruppe
SCHIZOPHRENIE: Bewußtseinsspaltung,. Verlust des inneren Zusammenhangs der geistigen Persönlichkeit
DOUBLE-BIND: Widerspruch zwischen zwei Informationen. Eine Reaktion ist zwingend erforderlich und kann nie die richtige sein (Zwickmühle)
KYBERNETIK: Forschungsrichtung, die vergleichende Betrachtungen über Gesetzmäßigkeiten im Ablauf von Steuerungs-und Regelvorgängen in Technik, Biologie und Soziologie anstellt.

Universität Münster - Arbeitsgruppe
ebenda
Psychosomatik [griech.] (psychosomat. Medizin), Richtung der Medizin, die zw. psych. Vorgängen und körperl. (somat.) Erscheinungen einen engen Zusammenhang annimmt. Unbewältigte psych. Konflikte können danach zu Krankheiten führen, z.B. Magen- und Darmgeschwüre, Asthma u.a.
Eth|no|lo|gie die; -: 1. allgemeine [vergleichende] Völkerkunde, in der die Ergebnisse der Ethnographie miteinander verglichen werden. 2. Wissenschaft, die sich mit Sozialstruktur und Kultur der [primitiven] Gesellschaften beschäftigt. 3. in den USA betriebene Wissenschaft, die sich mit Sozialstruktur und Kultur aller Gesellschaften beschäftigt.
Hi|e|rar|chie* die; -, ...ien: 1. [pyramidenförmige] Rangordnung, Rangfolge, Über- u. Unterordnungsverhältnisse.
Sub|sys|tem das; -s, -e: Bereich innerhalb eines Systems, der selbst Merkmale eines Systems aufweist
nor|ma|tiv: als Norm geltend, maßgebend, als Richtschnur dienend.
Stra|te|gie gr.-lat.(-fr.) die; -, ...ien: genauer Plan des eigenen Vorgehens, der dazu dient, ein militärisches, politisches, psychologisches o.ä. Ziel zu erreichen, u. in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht.
Al|li|ànz lat.-fr. die; -, -en u. Alliance die; -, -n (veraltet): Bündnis, Verbindung, Vereinigung
Kom|ple|xi|tät álat.-nlat.ñ die; -: 1. Gesamtheit aller Merkmale, Möglichkeiten (z.)B. eines Begriffs, Zustandes). 2. Vielschichtigkeit.
inter..., Inter... [lat.], Vorsilbe mit der Bedeutung ›zwischen‹
Loyalität = Vertragstreue; Achtung vor den Interessen anderer; Anständigkeit, Redlichkeit; Intergenerationale Loyalitäten = Treue und Zusammengehörigkeit zwischen den Generationen
trans..., Trans... [lat.], Vorsilbe mit der Bedeutung ›quer, durch – hindurch, hinüber, jenseits‹.
transgenerationale Konten= Ansammlungen von Erfahrungen, Ängsten, Traumata, Erfolgserlbnissen, familieninternen Normen und Erwartungshaltungen über die Generationen hinweg
Kybernetik [griech.], von N.Wiener 1948 begr. Wiss. von dynam. Systemen, d.h. Systemen, deren Bestandteile in funktionalen Beziehungen zueinander stehen und auf Einwirkungen von außerhalb des Systems (Informationen) reagieren (kybernet. Systeme).
Die Kybernetik ist eine Wissenschaft, deren Gegenstand und Inhalt nicht einheitlich definiert sind. Unter Kybernetik im engeren Sinne wird die Anwendung angepasster Systemeigenschaften in Gerätekonstruktionen verstanden. In einem weiten Sinne jedoch versteht man darunter die Wissenschaft von den Struktur- und Funktionseigenschaften großer, selbstregulierender und selbstoptimierender Systeme.
(s.Abs.2.2.), als Beispiel aus neuerer Zeit empfehlen wir Weber und Stierlin 1989 oder auch Stierlin 1994
kongruent = deckungsgleich
Universität Münster - Arbeitsgruppe
Konnotation = 1) Merkmal eines Wortes, das angibt, wie jemand gefühlsmäßig auf ein Wort reagiert; 2) Systemisch – Therapeutische Technik, in der, der Therapeut alles was die Familie tut positv darstellt und als wertvoll für den Familienzusammenhalt definiert. Meist bestehen die Abschlussinterventionen im therapeutischen Gespräch aus mehreren Elementen. Sie beginnen oft mit einer Umdeutung in Form einer »positiven Konnotation« (d. h. einer positiven Bewertung des Symptoms, des Status quo, der noblen Intentionen aller Beteiligten etc.).
Universität Münster - Arbeitsgruppe
Universität Münster Autorengruppe
Universität Münster Autorengruppe
kom|plex* lat.: a) vielschichtig; viele, sehr verschiedene Dinge umfassend; b) zusammenhängend; c) allseitig, alles umfassend;
symbolische Repräsentation = sinnbildliche Darstellung, die stellvertretend für etwas nicht Wahrnehmbares steht.
Skulptur ( im systemtherapeutischen Sinne) = ein plastisches Bildwerk bestehend aus den Menschen, die die Therapiegruppe bilden
Rationalisieren = ein [emotionales] Verhalten nachträglich verstandesmäßig begründen
in|tel|lek|tu|a|li|sie|ren lat.-nlat.: einer intellektuellen Betrachtung unterziehen. hier: unnötig gedanklich
zerreden
zir|ku|lär gr.-lat.: 1. kreisförmig. 2. periodisch wiederkehrend
Cecchin, Diskussionsbeitrag in: v.Schlippe, Kriz 1987, S.39; übers. durch uns
hy|po|the|tisch: nur angenommen, auf einer unbewiesenen Vermutung beruhend, fraglich, zweifelhaft; hypothetischer Imperativ: nur unter gewissen Bedingungen notwendiges Sollen;
häufiger Wechsel
Setting = Gesamtrahmen, also alle materiellen und organisatorischen Bedingungen, die die Therapie beeinflussen
Intervention = Eingreifen , Einschreiten , der Eingriff
Ambivalenz [lat.], Zwiespältigkeit; Zerrissenheit von Gefühlen und Bestrebungen.
Metapher: Sinnbild;
Me|ta|kom|mu|ni|ka|ti|on gr.-nlat. die; -: a) über die verbale Verständigung hinausgehende Kommunikation (z.B. Gesten, Mimik); b) Kommunikation über einzelne Ausdrücke, Aussagen od. die Kommunikation selbst